StartWirtschaftSanktionen made in Washington: Wie von der Leyen den USA folgt

Sanktionen made in Washington: Wie von der Leyen den USA folgt

Die EU-Sanktionen gegen Russland wurden lange vor dem Ukraine-Krieg geplant – und die Abstimmung mit den USA war enger als bisher bekannt. Eine zentrale Rolle spielten EU-Kommissionschefin von der Leyen und ihr Kabinettschef Seibert.

Von Eric Bonse

Dies zeigt ein Bericht von “Politico”, der mit dem treffenden Titel “Europe’s American president: The paradox of Ursula von der Leyen” veröffentlicht wurde. Er geht ausführlich auf die transatlantische Abstimmung vor dem Krieg ein.

Im November 2021 stattete von der Leyen dem Weißen Haus ihren ersten Besuch ab. An dem Treffen im Oval Office an diesem Nachmittag nahmen unter anderem Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, der damalige stellvertretende Nationale Sicherheitsberater für internationale Wirtschaft Daleep Singh und Amanda Sloat, Senior Director für Europa im Nationalen Sicherheitsrat, teil.

Politico

Alles begann demnach im November 2021, vier Monate vor Kriegsbeginn, im Weißen Haus in Washington – und nicht in der EU-Kommission in Brüssel. Neben Sullivan und Singh sollte auch von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert eine Schlüsselrolle spielen.

Man einigte sich auf regelmäßige Konsultationen. CIA-Chef Bill Burns reiste nach Brüssel, die einschlägig bekannte Undersecretary of State for Political Affairs, Victoria Nuland, hielt die EU-Kommisison mit einer wöchentlichen Videokonferenz bei der Stange.

Auf EU-Seite war Seibert die Hauptperson. “Wir hatten eine enorme Konvergenz in allen Bereichen,” sagte ein “Senior official”. Kein Wunder, der Mann ist Transatlantiker und hat von der Leyen schon im Bundesverteidigungsministerium beraten!

Die Kommission agierte allein

Bemerkenswert ist, dass die Kommissionschefin ihre Absprachen mit Washington im Alleingang, ohne regelmäßige Rücksprache mit Berlin oder Paris betrieb. Gemeinsam arbeitete man ein Sanktionspaket aus, das bis zuletzt geheim gehalten wurde.

Erst beim EU-Gipfel im Dezember kamen die Sanktionen zur Sprache. Kanzler Scholz war aber noch nicht richtig an Bord – er mußte auf Linie gebracht werden. Wenige Tage nach Kriegsbeginn gab er dem Drängen der Amerikaner und der Kommission nach.

All dies wird von “Politico” anschaulich geschildert. Dies ist jedoch nicht die einzige Quelle, die belegt, dass die Sanktionen keineswegs eine Antwort auf den Krieg waren – und wie entschlossen die USA die EU in den Wirtschaftskrieg führten.

Wer ein wenig nachforscht, findet gemeinsame Treffen von Sullivan und Seibert lange vor dem Kriegsbeginn. So begegneten sich die beiden schon im September 2021 im Weißen Haus, wie diese Mitteilung zeigt. Schon damals war Russland ein Thema.

Am 12. Februar, zwei Wochen vor Kriegsbeginn, sprachen sie über Sanktionen gegen Russland, Hilfe für die Ukraine und die Energiepolitik. Schon damals wurden die US-Lieferungen von LNG nach Europa thematisiert – unter dem Titel “EU-US Strategic Partnership on Energy Security”

Offenbar war für Sullivan und Seibert ausgemacht, dass die EU sich von Gaslieferungen aus Russland abkoppeln und auf US-Hilfe angewiesen sein würde. Wohlgemerkt – das war Wochen vor Kriegsbeginn! Der “Energiekrieg” hat früh begonnen – in Washington!

“Shock and Awe” in der Wirtschaft

Interessant sind auch die Infos, die man über den (mittlerweile ausgeschiedenen) Sanktions-Experten Singh findet. Er hat offenbar gezielt die Schwachstellen der russischen Wirtschaft gesucht – und versucht, den Gewinn der USA zu optimieren. Mehr dazu in dieser Story im “New Yorker”.

Anfang Februar gab er ein Interview zum Besuch von Kanzler Scholz im Weißen Haus. Schon damals – drei Wochen vor Kriegsbeginn – plauderte er einige Details der später von der EU beschlossenen Sanktionen aus. Auch das Aus für Nord Stream 2 war ein Thema…

Im März erklärte er die “Shock and Awe”-Strategie der USA gegen Russland, also den Wirtschaftskrieg.

„Die besten Prognosen, die ich derzeit sehe, deuten darauf hin, dass Russlands Wirtschaft nur noch halb so groß sein wird wie vor der Invasion.“, erklärte er.

Energieembargo made in USA

Im April räumte er ein, dass die USA “private” Diskussionen mit der EU führten, um sie zu einem Embargo bei Öl, Kohle und Gas gegen Russland zu bewegen. Kurz darauf kam von der Leyen mit ihrem Plan “Repower EU”, der genau dasselbe Ziel verfolgt, verbrämt als “Unabhängigkeit”.

Wir haben alle russischen Öl-, Kohle- und Erdgasimporte untersagt. Wir sind zufällig ein großer Produzent dieser drei Energieträger, Europa nicht. Sie arbeiten also nach einem anderen Zeitplan. Aber natürlich würden wir uns gerne irgendwann mit ihnen angleichen. Und wir führen diese Gespräche auf privater Ebene.

NPR

Auf einer Veranstaltung der Atlantikbrücke in Frankfurt erklärte Singh dann Ende September, dass die USA sich auch auf Sanktionen gegen China vorbereiten.

„Es gibt kein Land, das zu groß ist, um es zu sanktionieren“, sagte er. „Ich bin sicher, dass auf beiden Seiten aktiv geplant wird.“

Da ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die EU den USA auch auf diesem gefährlichen Weg folgt. Russland war offenbar nur ein Vorspiel, China ist der Nächste. An der “amerikanischen” Präsidentin der EU-Kommission dürfte es nicht scheitern.

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Bild: Sankionen gegen Russland schon lange vor Ukrainekrieg geplant
Autor: Jernej Furman
Quelle: flickr.com
Lizenz: CC BY 2.0
Textquelle

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